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Polizeigesetz Baden-Württembergs
Im Rahmen des Polizeigesetzes werden der Landespolizei erweiterte Rechte eingeräumt, die dem allgemeinen Trend folgend die Bürgerechte weiter einschränken, die gebotene Trennung von Polizei und Geheimdiensten weiter verwischen und die Befugnisse für präventive Ermittlungen ohne konkreten Tat- bzw. Bedrohungsverdacht ausbauen.
Die Landespolizei darf bei präventiven Ermittlungen ohne Vorliegen eines konkreten Verdachts auf eine Straftat oder Bedrohung auf die im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gesammlten Kommunikationsdaten zugreifen. Die Polizei erhält damit Einblick in das soziale Umfeld (präventiv) überwachter Personen, Strukturen lassen sich leicht erkennen und auch Reisebilder erstellen. Diese Befugnisse widersprechen dem Urteil 2 BvR 2099/04 des BVerfG vom März 2006, welches klarstellt, dass diese Daten dem Schutz des Artikel 10 GG unterliegen.
- Die Befugnisse zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze und Ereignisse wurden erweitert. Größere Menschansammlungen (z.B. Demontrationen) dürfen prinzipiell ohne Einschränkung überwacht werden. Es müssen keine(!) Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung mehr vorliegen.
KFZ-Kennzeichen dürfen verdachtslos erfasst werden. Auch der Einsatz von heimlich an Fahrzeugen montierten GPS-Empfängern zur Erstellung von Bewegungsprofilen ist für die Polizei zulässig. Im Urteil 1 BvR 2074/05 hat das BVerfG im März 2008 das automatisierte Scannen von KFZ-Kennzeichen in Hessen für verfassungswidrig erklärt.
- Neu ist auch die Befugnis, "Verhöre vor Ort" ohne Beisein eines Anwalts durchführen zu dürfen, nicht nur nach Vorladung oder bei einer erheblichen konkreten Gefahr.
- Die Daten von Polizei und Geheimdiensten dürfen bei gemeinsamen Projekten zusammengeführt werden.
Dieses Gesetz zeigt wieder den politischen Willen, in kleinen Schritten die Unschuldsvermutung durch einen Generalverdacht abzulösen und die verdachts- und anlasslose Überwachung zur Abwehr einer abstrakten Gefahr zum Prinzip zu erheben.
Quellen: Stuttgarter Zeitung